Übung 05
Ressourceneinsatzplanung & Losgrößen
Aufgabe 1 - Montageplanung
Die Fahrzeugfertigung Zwickau GmbH ist ein traditionsreicher Standort im Automobilbau und hat sich auf die Produktion von Komponenten und die Endmontage von Elektrofahrzeugen spezialisiert. Für die Einführung einer neuen Montagelinie zur Fertigung von Batteriemodulen für das Modell “Saxon-E” müssen die einzelnen Arbeitsschritte genau geplant werden. Das Projektmanagement-Team hat die folgende Liste von Arbeitsgängen (AG), deren Dauer in Stunden (Std.) und die direkten Vorgänger identifiziert:
Arbeitsgang | Beschreibung | Dauer (Std.) | Direkte Vorgänger |
---|---|---|---|
A | Materialbereitstellung Rahmen | 3 | - |
B | Vormontage Zellhalterungen | 5 | A |
C | Einbau Zellhalterungen in Rahmen | 4 | B |
D | Materialbereitstellung Elektronik | 2 | - |
E | Vormontage Steuerungseinheit | 6 | D |
F | Integration Steuerungseinheit | 3 | C, E |
G | Qualitätsprüfung & Endverschluss | 2 | F |
Der Projektstart (Beginn von A und D) ist zum Zeitpunkt 0.
Ihre Aufgaben:
- Erstellen Sie ein Netzplan-Diagramm für dieses Projekt.
- Führen Sie eine Vorwärtsrechnung durch, um die frühestmöglichen Anfangszeitpunkte (FAZ) und Endzeitpunkte (FEZ) für jeden Arbeitsgang zu bestimmen.
- Führen Sie eine Rückwärtsrechnung durch, um die spätestzulässigen Anfangszeitpunkte (SAZ) und Endzeitpunkte (SEZ) für jeden Arbeitsgang zu bestimmen.
- Berechnen Sie die Gesamtpufferzeit (GP) für jeden Arbeitsgang.
- Identifizieren Sie den kritischen Weg im Projekt.
- Was könnte passieren, wenn einige Arbeitsschritte Kapazitätsbeschränkungen unterliegen?
Lösungshinweise:
- Vorwärtsrechnung:
- A: FAZ=0, FEZ=3
- D: FAZ=0, FEZ=2
- B: FAZ=max(FEZ(A))=3, FEZ=3+5=8
- E: FAZ=max(FEZ(D))=2, FEZ=2+6=8
- C: FAZ=max(FEZ(B))=8, FEZ=8+4=12
- F: FAZ=max(FEZ(C)=12, FEZ(E)=8)=12, FEZ=12+3=15
- G: FAZ=max(FEZ(F))=15, FEZ=15+2=17 Die minimale Projektdauer beträgt 17 Stunden.
- Rückwärtsrechnung (Annahme SEZ(G) = FEZ(G) = 17, um kritischen Pfad zu finden):
- G: SEZ=17, SAZ=17-2=15
- F: SEZ=min(SAZ(G))=15, SAZ=15-3=12
- C: SEZ=min(SAZ(F))=12, SAZ=12-4=8
- E: SEZ=min(SAZ(F))=12, SAZ=12-6=6
- B: SEZ=min(SAZ(C))=8, SAZ=8-5=3
- A: SEZ=min(SAZ(B))=3, SAZ=3-3=0
- D: SEZ=min(SAZ(E))=6, SAZ=6-2=4
- Gesamtpuffer (GP = SAZ - FAZ):
- A: GP = 0 - 0 = 0
- B: GP = 3 - 3 = 0
- C: GP = 8 - 8 = 0
- D: GP = 4 - 0 = 4
- E: GP = 6 - 2 = 4
- F: GP = 12 - 12 = 0
- G: GP = 15 - 15 = 0
- Kritischer Weg (GP=0):
A → B → C → F → G. Die Dauer dieses Pfades ist 3+5+4+3+2 = 17 Stunden.
- Kapazitätsbeschränkungen
Die Produktion könnte nicht mehr möglich sein.
Aufgabe 2: Kapazitätsorientierte Losgrößenplanung (CLSP)
Ein Hersteller von Spezialgetrieben fertigt auf einer CNC-Maschine zwei verschiedene Getriebetypen: Typ A und Typ B. Pro Woche muss die Maschine für jedes zu produzierende Produkt neu gerüstet werden.
Gegebene Daten:
- Planungshorizont: 4 Wochen
- Wöchentliche Kapazität: 60 Stunden
- Anfangslagerbestand: 0 für beide Typen
- Endlagerbestand: 0 für beide Typen (alle Bedarfe müssen erfüllt sein)
Produktdaten:
Parameter | Getriebe Typ A | Getriebe Typ B |
---|---|---|
Rüstkosten (s) | 200 GE | 150 GE |
Lagerkosten (h) | 5 GE/Stück/Woche | 7 GE/Stück/Woche |
Bearbeitungszeit (tb) | 1,0 h/Stück | 1,2 h/Stück |
Rüstzeit (tr) | 10 h | 8 h |
Nachfrage:
Woche (t) | 1 | 2 | 3 | 4 |
---|---|---|---|---|
Bedarf Typ A | 20 | 30 | 0 | 25 |
Bedarf Typ B | 0 | 0 | 35 | 20 |
Vorgegebener Produktionsplan:
Um das Konzept zu verstehen, analysieren Sie den folgenden, manuell erstellten Produktionsplan:
- Woche 1: Produziere 50 \(\times\) Typ A
- Woche 2: Keine Produktion
- Woche 3: Produziere 55 \(\times\) Typ B
- Woche 4: Produziere 25 \(\times\) Typ A
- Berechnen Sie die gesamten Rüst- und Lagerkosten für den vorgegebenen Plan.
- Überprüfen Sie für jede Woche, ob die Produktions- und Rüstzeiten die verfügbare Kapazität von 60 Stunden einhalten.
- Erläutern Sie, warum die separate Anwendung des Wagner-Whitin-Algorithmus für jedes Produkt hier wahrscheinlich zu einem unzulässigen oder suboptimalen Gesamtplan führen würde.
Lösungshinweise:
a) Berechnung der Rüst- und Lagerkosten:
Woche | Produktion A | Produktion B | Bedarf A | Bedarf B | Lagerbestand A (Ende) | Lagerbestand B (Ende) |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | 50 | 0 | 20 | 0 | 30 | 0 |
2 | 0 | 0 | 30 | 0 | 0 | 0 |
3 | 0 | 55 | 0 | 35 | 0 | 20 |
4 | 25 | 0 | 25 | 20 | 0 | 0 |
Rüstkosten:
- Woche 1: Typ A wird produziert → Rüstkosten = 200 GE
- Woche 2: Keine Produktion → Rüstkosten = 0 GE
- Woche 3: Typ B wird produziert → Rüstkosten = 150 GE
- Woche 4: Typ A wird produziert → Rüstkosten = 200 GE
Gesamte Rüstkosten: 200 + 0 + 150 + 200 = 550 GE
Lagerkosten:
- Woche 1: 30 Stück A × 5 GE/Stück/Woche = 150 GE
- Woche 2: 0 Stück A × 5 GE/Stück/Woche = 0 GE
- Woche 3: 0 Stück A × 5 GE/Stück/Woche + 20 Stück B × 7 GE/Stück/Woche = 140 GE
- Woche 4: 0 Stück × 5 GE/Stück/Woche + 0 Stück B × 7 GE/Stück/Woche = 0 GE
Gesamte Lagerkosten: 150 + 0 + 140 + 0 = 290 GE
Gesamtkosten: 550 + 290 = 840 GE
b) Kapazitätsprüfung:
Für jede Woche prüfen wir: Rüstzeit + Bearbeitungszeit ≤ 60 Stunden
Woche 1 (Typ A):
- Rüstzeit: 10 h
- Bearbeitungszeit: 50 Stück × 1,0 h/Stück = 50 h
- Gesamtzeit: 10 + 50 = 60 h ≤ 60 h ✓ (zulässig)
Woche 2:
- Keine Produktion: 0 h ≤ 60 h ✓ (zulässig)
Woche 3 (Typ B):
- Rüstzeit: 8 h
- Bearbeitungszeit: 55 Stück × 1,2 h/Stück = 66 h
- Gesamtzeit: 8 + 66 = 74 h > 60 h ✗ (NICHT zulässig!)
Woche 4 (Typ A):
- Rüstzeit: 10 h
- Bearbeitungszeit: 25 Stück × 1,0 h/Stück = 25 h
- Gesamtzeit: 10 + 25 = 35 h ≤ 60 h ✓ (zulässig)
Ergebnis: Der vorgegebene Plan ist nicht zulässig, da in Woche 3 die Kapazität um 14 Stunden überschritten wird.
Mögliche Anpassung: Man könnte z.B. in Woche 2 bereits einen Teil von Typ B produzieren (z.B. 20 Stück B in Woche 2 und 35 Stück B in Woche 3).
c) SULSP vs. CLSP:
Wagner-Whitin-Algorithmus:
- Löst das Losgrößenproblem isoliert für jedes Produkt
- Berücksichtigt keine Kapazitätsbeschränkungen
- Berücksichtigt keine Ressourcenkonkurrenz zwischen verschiedenen Produkten
- Findet die optimale Lösung nur unter der Annahme unbegrenzter Kapazität
Warum führt isolierte Planung zu Problemen?
Wenn wir Wagner-Whitin separat für Typ A und Typ B anwenden würden:
- Jeder Algorithmus würde versuchen, die Anzahl der Rüstvorgänge zu minimieren
- Typ A würde z.B. in Woche 1 alle 75 Stück (für Wochen 1, 2, 4) produzieren wollen
- Typ B würde in Woche 3 alle 55 Stück produzieren wollen
- Dies würde die Kapazität in mehreren Wochen überschreiten (siehe Teil b)
- Die Algorithmen “wissen” nichts voneinander und koordinieren sich nicht
Fazit: Beim CLSP muss die Losgrößenplanung simultan für alle Produkte erfolgen, um die gemeinsamen Kapazitätsbeschränkungen zu berücksichtigen. Dies führt zu einem gemischt-ganzzahligen Optimierungsproblem (MIP), das deutlich komplexer ist als das SULSP.