Übung 03

Zentrenproduktion & Qualitätsmanagement

Aufgabe 1 - Zentrenproduktion und Erzeugnisfamilien

Die folgende Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen Erzeugnissen und den zu ihrer Erstellung notwendigen Maschinen:

Maschine 1 2 3 4 5 6
Erzeugnis A X X
Erzeugnis B X X X X
Erzeugnis C X X
Erzeugnis D X X X
  1. Identifizieren Sie geeignete Erzeugnisfamilien für Produktionsinseln durch systematische Umordnung der Matrix. Welche Maschinengruppen und Erzeugnisgruppen ergeben sich?
  2. Bewerten Sie die Qualität Ihrer Erzeugnisfamilienbildung. Ergeben sich Probleme und wie könnten diese gelöst werden?
  3. Vergleichen Sie die Zentrenproduktion mit der Werkstattfertigung hinsichtlich folgender Kriterien:
    • Transportwege und -zeiten
    • Durchlaufzeiten und Lagerbestände
    • Flexibilität bei Produktmix-Änderungen
    • Investitionsbedarf
  4. Ein Unternehmen plant die Umstellung von Werkstatt- auf Zentrenproduktion. Welche vier Planungsschritte sind dabei zu berücksichtigen?

Lösung:

  1. Systematische Erzeugnisfamilienbildung:

Schritt 1: Analyse der Maschinen-Erzeugnis-Matrix

Original-Matrix:
        M1  M2  M3  M4  M5  M6
    A   -   X   -   -   X   -
    B   X   -   X   X   -   X
    C   -   -   -   X   -   X
    D   -   X   -   -   X   X

Schritt 2: Umordnung nach Ähnlichkeiten

Optimierte Matrix:
        M2  M5  M6  M1  M3  M4
    A   X   X   -   -   -   -
    D   X   X   X   -   -   -
    B   -   -   X   X   X   X
    C   -   -   X   -   -   X

Ergebnis:

  • Familie 1: Erzeugnisse A, D mit Maschinen M2, M5 (+ teilweise M6)
  • Familie 2: Erzeugnisse B, C mit Maschinen M1, M3, M4, M6
  1. Bewertung der Erzeugnisfamilienbildung:

Probleme:

  • Maschine M6 wird von beiden Familien benötigt → “Springer-Maschine”
  • Nicht perfekt trennscharf → Kompromisse erforderlich

Lösungsansätze:

  1. M6 duplizieren (eine Maschine pro Familie)
  2. M6 als gemeinsam genutzte Ressource zwischen den Zentren
  3. Restfertigung für Familie 2 in separater Werkstatt
  1. Vergleich Zentren- vs. Werkstattfertigung:
Kriterium Zentrenproduktion Werkstattfertigung
Transportwege Kurz, innerhalb der Zelle Lang, zwischen verschiedenen Abteilungen
Durchlaufzeiten Niedrig durch kurze Wege Hoch durch Transport und Warteschlangen
Lagerbestände Gering durch niedrige Losgrößen Hoch durch große Lose
Flexibilität Hoch für Produktfamilie Hoch für verschiedene Produkte
Investitionsbedarf Mittel (evtl. Maschinenduplikation) Niedrig (Maschinenauslastung besser)
  1. Vier Planungsschritte:
  1. Identifizierung von Erzeugnisfamilien (wie in Aufgabe durchgeführt)
  2. Auswahl der Arbeitssysteme (Layout, Maschinenausstattung)
  3. Auswahl des Planungs- und Steuerungssystems (dezentral vs. zentral)
  4. Auswahl, Schulung und Motivation der Mitarbeiter (Gruppenarbeit, Qualifikation)

Aufgabe 2 - Flexible Fertigungssysteme (FFS)

Gegeben sei ein geschlossenes Warteschlangennetzwerk (FFS) mit 3 Bearbeitungsstationen (je eine Maschine) und einem verbindenden Transportsystem. Die Daten sind:

Bearbeitungszeiten:

  • Maschine 1: \(b_1 = 50\) min
  • Maschine 2: \(b_2 = 70\) min
  • Maschine 3: \(b_3 = 30\) min
  • Transport: \(b_4 = 12\) min

Routing-Wahrscheinlichkeiten:

  • \(p_1 = 0,4\) (Station 1)
  • \(p_2 = 0,25\) (Station 2)
  • \(p_3 = 0,35\) (Station 3)
  • \(p_4 = 1,0\) (Transport - nach jeder Bearbeitung)
  1. Berechnen Sie die mittlere Arbeitsbelastung (Workload) \(w_m = \frac{p_m \cdot b_m}{S_m}\) für alle Stationen.
  2. Bestimmen Sie den Engpass des Systems.
  3. Berechnen Sie unter der Annahme einer 100%-Engpassauslastung:
    • Die Produktionsraten \(X_m\) aller Stationen
    • Die Auslastungen \(U_m\) aller Stationen
  4. Diskutieren Sie: Ist das Ergebnis realistisch, wenn die Anzahl der Paletten im System begrenzt ist? Welche praktischen Probleme könnten auftreten?

Lösung:

  1. Mittlere Arbeitsbelastung (Workload):

\(w_m = \frac{p_m \cdot b_m}{S_m}\) mit \(S_m = 1\) für alle Stationen:

  • \(w_1 = \frac{0,4 \times 50}{1} = 20,0\) min
  • \(w_2 = \frac{0,25 \times 70}{1} = 17,5\) min
  • \(w_3 = \frac{0,35 \times 30}{1} = 10,5\) min
  • \(w_4 = \frac{1,0 \times 12}{1} = 12,0\) min
  1. Engpass-Bestimmung:

Engpass = Station mit höchster Arbeitsbelastung = Station 1 mit \(w_1 = 20,0\) min

  1. Produktionsraten und Auslastungen bei 100% Engpassauslastung:

Produktionsrate des Engpasses:

\(X_e = X_1 = \frac{S_1}{b_1} = \frac{1}{50} = 0,02\) Werkstücke/min

Produktionsraten der anderen Stationen:

\(X_m = \frac{p_m}{p_e} \cdot X_e = \frac{p_m}{p_1} \cdot X_1\)

  • \(X_1 = 0,020\) Werkstücke/min
  • \(X_2 = \frac{0,25}{0,4} \times 0,020 = 0,0125\) Werkstücke/min
  • \(X_3 = \frac{0,35}{0,4} \times 0,020 = 0,0175\) Werkstücke/min
  • \(X_4 = \frac{1,0}{0,4} \times 0,020 = 0,050\) Werkstücke/min

Auslastungen:

\(U_m = \frac{b_m \cdot X_m}{S_m}\)

  • \(U_1 = \frac{50 \times 0,020}{1} = 1,000 = 100,0\%\) (Engpass)
  • \(U_2 = \frac{70 \times 0,0125}{1} = 0,875 = 87,5\%\)
  • \(U_3 = \frac{30 \times 0,0175}{1} = 0,525 = 52,5\%\)
  • \(U_4 = \frac{12 \times 0,050}{1} = 0,600 = 60,0\%\)
  1. Realitätsbewertung bei begrenzten Paletten:

Nein, das Ergebnis ist bei begrenzten Paletten nicht realistisch:

Probleme:

  1. Warteschlangeneffekte: Bei zu wenigen Paletten können Stationen “aushungern”
  2. Blockierungen: Volle Puffer können Stationen blockieren
  3. Schwankungen: Reale Bearbeitungszeiten sind nicht konstant
  4. 100% Auslastung: Praktisch nicht dauerhaft erreichbar

Aufgabe 3 - Statistische Qualitätskontrolle

Die Duisburger Spirituosenfabrik “Nordrhein Destille” produziert den Schnaps “Studentenglück” mit einem Soll-Alkoholgehalt von 40%. Die Stichproben der letzten 5 Jahre (Umfang \(n=5\) Proben pro Stichprobe) ergaben folgende Werte:

Jahr Probe 1 Probe 2 Probe 3 Probe 4 Probe 5
2019 39,9 40,5 39,2 40,3 40,6
2020 41,1 40,1 39,8 40,1 40,1
2021 39,3 40,4 39,7 40,5 39,9
2022 40,1 40,0 39,4 39,5 39,5
2023 39,8 40,2 40,4 39,9 40,1
  1. Berechnen Sie für jede Stichprobe den Stichprobenmittelwert \(x_t\) und die Stichprobenspannweite \(R_t\).
  2. Bestimmen Sie den Mittelwert aller Stichprobenmittelwerte \(\bar{x}\) und die mittlere Spannweite \(\bar{R}\).
  3. Berechnen Sie die Kontrollgrenzen für eine \(\bar{x}\)-Kontrollkarte mit dem Faktor \(A(n=5) = 0,577\).
  4. Die nächste Stichprobe (2024) liefert folgende Werte: [38,2; 40,5; 39,3; 39,9; 41,4]. Ist der Prozess noch unter statistischer Kontrolle?
  5. Interpretieren Sie das Ergebnis: Was bedeutet es für die Qualität des Produkts und welche Maßnahmen wären zu empfehlen?

Lösung:

  1. Stichprobenmittelwerte und Spannweiten:
Jahr Stichprobenmittelwert \(x_t\) Spannweite \(R_t\)
2019 \(\frac{39,9 + 40,5 + 39,2 + 40,3 + 40,6}{5} = 40,1\) \(40,6 - 39,2 = 1,4\)
2020 \(\frac{41,1 + 40,1 + 39,8 + 40,1 + 40,1}{5} = 40,24\) \(41,1 - 39,8 = 1,3\)
2021 \(\frac{39,3 + 40,4 + 39,7 + 40,5 + 39,9}{5} = 39,96\) \(40,5 - 39,3 = 1,2\)
2022 \(\frac{40,1 + 40,0 + 39,4 + 39,5 + 39,5}{5} = 39,7\) \(40,1 - 39,4 = 0,7\)
2023 \(\frac{39,8 + 40,2 + 40,4 + 39,9 + 40,1}{5} = 40,08\) \(40,4 - 39,8 = 0,6\)
  1. Prozessparameter:
  • Mittelwert der Stichprobenmittelwerte: \(\bar{x} = \frac{40,1 + 40,24 + 39,96 + 39,7 + 40,08}{5} = 40,016\)

  • Mittlere Spannweite: \(\bar{R} = \frac{1,4 + 1,3 + 1,2 + 0,7 + 0,6}{5} = 1,04\)

  1. Kontrollgrenzen:

Mit \(A(5) = 0,577\):

  • UCL = \(\bar{x} + A \cdot \bar{R} = 40,016 + 0,577 \times 1,04 = 40,0 + 0,60 = 40,616\)%
  • LCL = \(\bar{x} - A \cdot \bar{R} = 40,016 - 0,577 \times 1,04 = 40,0 - 0,60 = 39,416\)%
  1. Beurteilung der Stichprobe 2024:

Stichprobe 2024: [38,2; 40,5; 39,3; 39,9; 41,4]

  • \(x_{2024} = \frac{38,2 + 40,5 + 39,3 + 39,9 + 41,4}{5} = 39,86\)%
  • Kontrollgrenzen: LCL = 39,40% ≤ 39,86% ≤ 40,60% = UCL

Ergebnis: Der Stichprobenmittelwert liegt innerhalb der Kontrollgrenzen → Prozess ist unter statistischer Kontrolle.

  1. Interpretation und Maßnahmen:

Positive Aspekte:

  • Prozess arbeitet statistisch stabil
  • Mittelwert liegt nahe dem Sollwert (40%)
  • Schwankungen sind im erwarteten Rahmen

Verbesserungsmöglichkeiten:

  1. Prozessfähigkeit erhöhen: Spannweite von 1,04% ist relativ hoch
  2. Ursachenanalyse: Warum schwankt der Alkoholgehalt?
  3. Prozessoptimierung: Bessere Temperatur-/Druckkontrolle bei der Destillation
  4. Häufigere Kontrollen: Monatliche statt jährliche Stichproben